Die Existenzanalyse zielt als Therapie auf das, worum es bei jedem Klienten „im Grunde“ geht. Phänomenologisch sind die Methoden der Existenzanalyse auch
in dem Sinn, dass sie
das Wesentliche an der Situation des Klienten zu erfassen versuchen.
Der Therapeut muss dem Klienten helfen, zu dem für ihn Wesentlichen zu kommen.
Das ist einfacher gesagt als getan, denn oft sind die Themen, die der Klient in die Psychotherapie bringt, gar nicht die eigentlich wesentlichen oder sie sind es nur indirekt
oder – noch schwieriger – sie lenken von den eigentlichen Fragen ab. Man könnte auch sagen: Je verhärteter die Störungen, desto mehr ist der Klient von dem für ihn
Wesentlichen abgeschnitten. Und je mehr er abgeschnitten ist, desto weniger kann er JA zu seinem Leben sagen.
Der existenzanalytische Therapeut setzt deshalb im
therapeutischen Gespräch systematisch das
Konzept der vier Grundmotivationen ein, um das Wesentliche für den Klienten – das worum es im Grunde geht – herauszuarbeiten.
Man kann von diesen vier Grundmotivationen auch als den „Bausteinen der Existenz“ sprechen, sie lassen sich in vier, ganz einfachen Fragen ausdrücken:
- Kann ich sein, da, wo ich bin?
- Mag ich leben?
- Darf ich so sein, wie ich bin?
- Wofür soll ich leben?
Als wichtigste Methode, das Wesentliche für den Klienten frei zu legen, steht der Existenzanalyse die „Personale Existenzanalyse“ (PEA) zur Verfügung.
Sie ermöglicht es, psychogene Störungen sowohl tiefenpsychologisch als auch situativ-konkret zu behandeln. Die PEA „hebt“ Gefühle, die dem Klienten nicht
bewusst oder nicht direkt zugänglich sind, sie lässt ihn sich selbst besser verstehen und schafft damit die Voraussetzung für den Klienten, blockierende
Einstellungen und Verhaltensweisen tatsächlich zu verändern.
Am Ende geht es darum, das eigene Leben mit mehr Freiheit zu leben: Einerseits
frei von Störungen, andererseits auch in der positiven
Freiheit zu etwas,
in der Freiheit, die eigenen Wünsche und Sehnsüchte zu verwirklichen. Soweit das als Mensch in Beziehung zu anderen Menschen möglich ist.
Damit ist das Thema der Verantwortung angesprochen. Freiheit und Verantwortung sind für die Existenzanalyse zwei Seiten der gleichen Medaille. Wahre Freiheit ist nicht
ohne Verantwortung zu haben – und umgekehrt. Deshalb bedeutet für die Existenzanalyse Selbstverwirklichung immer auch gesteigerte Beziehungsfähigkeit
(zu den Menschen, mit denen wir unser Leben leben). Weil das so ist, ist die Existenzanalyse auch ein sehr tauglicher Ansatz für Partnerschafts- bzw.
Beziehungstherapien.
Einführende Literatur:
- Viktor E. Frankl, Der Mensch vor der Frage nach dem Sinn. Piper-Verlag, München 1990.
- Viktor, E. Frankl, Ärztliche Seelsorge. Grundlagen der Logotherapie und Existenzanalyse. Zsolnay-Verlag, Wien 2005 (11., überarbeitete Auflage).
- Alfried Längle (Hrsg.), Praxis der Personalen Existenzanalyse. Facultas-Verlag, Wien 2000.